Geschichtlicher Hintergrund
Die Konferenz der EuropÀischen Verfassungsgerichte
Auf Initiative der PrĂ€sidenten der Verfassungsgerichte von Deutschland, Ăsterreich, Italien und der ehemaligen Föderativen Republik Jugoslawien fand 1972 die erste Konferenz in Dubrovnik statt. Im Wesentlichen sollte damit â in einem allgemeinen, das heiĂt europĂ€ischen Kontext âunter gebĂŒhrender Beachtung des Prinzips der richterlichen UnabhĂ€ngigkeit die Grundlage fĂŒr einen regelmĂ€Ăigen Erfahrungsaustausch ĂŒber die Arbeitsweise und Verfassungsrechtsprechung geschaffen werden.
Trotz des Fehlens eines formellen Statuts fanden regelmĂ€Ăig Treffen unter der Bezeichnung âKonferenz der EuropĂ€ischen Verfassungsgerichteâ statt. Sie wurden von den Verfassungsgerichten, die gerade beigetreten waren, ausgerichtet: vom Schweizerischen Bundesgericht (1981) und in der Folge von den Verfassungsgerichten Spaniens (1984) und Portugals (1987). In der Konferenz von Lausanne (1981) fanden der EuropĂ€ische Gerichtshof fĂŒr Menschenrechte und der Gerichtshof der EuropĂ€ischen Gemeinschaften Aufnahme als Beobachter. Ihnen folgte die Venedig-Kommission des Europarates (European Commission for Democracy through Law) im Jahr 1996.
Die Anzahl der Mitglieder vergröĂerte sich um den französischen Verfassungsrat und das tĂŒrkische Verfassungsgericht (im Jahr 1987). Allerdings waren es die 90iger Jahre, die eine beispiellose Erweiterung der Konferenz mit sich brachten â das war zum einen eine Folge der vielen Verfassungsgerichte, die in Zentral- und Osteuropa eingerichtet wurden, zum anderen aber auch Folge des stetig wachsenden Interesses anderer nationaler Gerichte in schon lĂ€nger etablierten Demokratien. Nach und nach traten die Verfassungsgerichte (oder ihnen vergleichbare Institutionen) nachstehender LĂ€nder der Konferenz bei: Belgien und Polen (1990), Ungarn (1992), Kroatien, Zypern, RumĂ€nien, Slowenien (1994), Andorra, die Russische Föderation (1996), die Tschechische Republik, Litauen, Bulgarien, Slowakei, Malta, Liechtenstein (1997), Mazedonien (1999), Albanien, Armenien, Aserbaidschan, Bosnien und Herzegowina, Georgien, Lettland, Moldau, Ukraine (2000), Luxemburg (2002), Estland, Irland, Norwegen (2003), DĂ€nemark, Montenegro, Serbien (2006) und schlieĂlich Monaco (2008), sodass die Konferenz heute beinahe âPaneuropĂ€ische Dimensionenâ erreicht hat.
Abgesehen von seinen Vollmitgliedern hat die Konferenz auch ein assoziiertes Mitglied (Belarus) und eine Reihe von Beobachtern und GĂ€sten (Gerichte von LĂ€ndern auĂerhalb Europas wie Israel, Usbekistan, Kasachstan, die Mongolei u.a.).
Die vielen organisatorischen, aber auch technischen Fragen, die sich aufgrund der gestiegenen Teilnehmeranzahl stellten, erforderten immer dringender die Schaffung eines formalen Rahmens und verbindlicher Regelungen, um die Zielsetzung der Konferenz sicherzustellen. Sie sind derzeit im Statut, beschlossen auf der XI. Konferenz in Warschau (1999) und in der Konferenzordnung, beschlossen in BrĂŒssel (2002), festgelegt.
Das Statut der Konferenz sieht unter anderem eine Reihe von grundlegenden Kriterien vor, die fĂŒr die Erlangung der Vollmitgliedschaft erforderlich sind: âDen Status eines Vollmitglieds können nur Verfassungsgerichte und Ă€hnliche Institutionen innerhalb Europas erhalten, denen eine verfassungsgerichtliche ZustĂ€ndigkeit, insbesondere im Bereich der Normenkontrolle, zusteht, die ihre gerichtliche TĂ€tigkeit in richterlicher UnabhĂ€ngigkeit aufgenommen haben und ausĂŒben, sich demokratisch-rechtsstaatlichen GrundsĂ€tzen und dem allgemeinen Schutz der Menschenrechte verpflichtet wissen. Hierbei ist auf die bisherige Praxis der Konferenz und des Europarates Bedacht zu nehmen.â (§ 6 Abs. 1 lit. a des Statuts).
Die von der Konferenz der EuropĂ€ischen Verfassungsgerichte angestrebten Ziele sind in § 3 des Statuts festgelegt: âDie Konferenz veranstaltet in regelmĂ€Ăigen ZeitabstĂ€nden einen Kongress. Sie fördert die Information ĂŒber die Arbeitsweise und Verfassungsrechtsprechung der Mitgliedergerichte, verbunden mit einem Gedankenaustausch ĂŒber institutionelle, strukturelle und materielle Fragen aus den Bereichen der Staats- und Verfassungsgerichtsbarkeit. Die Konferenz bemĂŒht sich ferner um die Förderung der UnabhĂ€ngigkeit von Verfassungsgerichten als essentieller Bestandteil zur Wahrung und Durchsetzung von Demokratie und Rechtsstaat, bei besonderer BerĂŒcksichtigung des Schutzes der Menschenrechte, und unterstĂŒtzt die Kontaktpflege unter den europĂ€ischen Verfassungsgerichten und vergleichbaren Institutionen.â
Organe der Konferenz sind gemÀà den Bestimmungen des Statuts die âPrĂ€sidenten-Rundeâ, das zentrale Beschlussorgan, bestehend aus den PrĂ€sidenten der Gerichte und Institutionen mit dem Status eines Vollmitglieds und der Kongress, der alle drei Jahre stattfindet und an dem nicht nur Vollmitglieder und assoziierte Mitglieder teilnehmen, sondern auch Beobachter der supranationalen europĂ€ischen Gerichtshöfe, Kommissionen und Institutionen des Europarats und der EuropĂ€ischen Gemeinschaften, die sich mit Verfassungsgerichtsbarkeit befassen sowie (nicht-)europĂ€ische Verfassungsgerichte und Ă€hnliche Institutionen. Auch GĂ€ste können eingeladen werden.
Den Vorsitz in der Konferenz (und in der âPrĂ€sidenten-Rundeâ) ĂŒbt der PrĂ€sident des Gerichtes, das den nĂ€chsten Kongress veranstaltet, aus; dieses Gericht ĂŒbernimmt auch das Sekretariat der Konferenz.